Wie der Prozess zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung funktioniert, werde ich Ihnen in einem anderen Beitrag zusammenfassen. Ich empfehle Ihnen, den Belegabruf zu beantragen, um die bereits beim Finanzamt vorhanden Daten in die Einkommensteuererklärung übernehmen zu können.
Kurz gefasst benötigen Sie ein kostenloses Elster-Zertifikat, das Sie auf www.elster.de beantragen können. Dort können Sie auch Ihre Belege abrufen sowie die Einkommensteuererklärung erstellen und abgeben. Selbstverständlich ist es auch möglich, die Erklärung mithilfe einer (kostenpflichtigen) Software erstellen. Für den Belegabruf und die Abgabe der Erklärung wird wiederum das Elster-Zertifikat benötigt.
Ja. Sofern Sie nicht ohnehin verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, können Sie dies freiwillig tun. Eine freiwillige Abgabe wird auch als Antragsveranlagung bezeichnet.
Unter gewissen Voraussetzungen macht es auch dann Sinn, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn Sie keine Einkünfte haben. Dadurch kann ein sog. Verlustvortrag entstehen, den Sie in die Folgejahre vortragen und mit Ihren zukünftigen Einkünften verrechnen können.
Unter einem Verlustvortrag versteht man die Feststellung negativer Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum durch das Finanzamt. Um zu verstehen, wann dieser entstehen kann, hilft ein Blick in das Ermittlungsschema für das zu versteuernde Einkommen.
Dieses sieht – verkürzt dargestellt – (vgl. R 2 "Umfang der Besteuerung" Abs. 1 EStR) wie folgt aus:
Einkünfte
./.
Werbungskosten
=
Summe der Einkünfte aus allen Einkunftsarten
./.
Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG)
./.
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)
=
Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG)
./.
Verlustabzug (§ 10d EStG)
./.
Sonderausgaben (§§ 10 bis 10c EStG)
./.
Außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 bis 33b EStG)
=
Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG)
./.
Freibeträge für Kinder (§§ 31, 32 Abs. 6 EStG)
=
Zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG)
Zunächst werden alle Einkünfte addiert und davon die zugehörigen Werbungskosten subtrahiert. Dies ergibt die Summe der Einkünfte. Ein Verlustvortrag ist nur möglich, wenn die Summe der Einkünfte aus allen Einkunftsarten negativ ist. Der Altersentlasungsbetrag und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende werden bei der Ermittlung des Verlustabzugs nicht berücksichtigt (R 10d Abs. 1 EStR). Ob der Gesamtbetrag der Einkünfte, das Einkommen oder das zu versteuernde Einkommen negativ sind, spielt keine Rolle.
In Deutschland existiert ein sog. Grundfreibetrag. Dieser beträgt für das Jahr 2021 9.744 Euro und für das Jahr 2022 10.347 Euro. Sofern das zu versteuernde Einkommen unter diesem Betrag liegt, wird keine Einkommensteuer erhoben.
In Antragsveranlagungsfällen, d.h. wenn Sie nicht verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, können Sie eine Erklärung grundsätzlich rückwirkend für vier Jahre abgeben. Das bedeutet, dass Sie die Erklärung für den Veranlagungszeitraum 2018 noch bis zum 31.12.2022 abgeben können.
Zunächst müssen Sie unterscheiden, wie die Ausgaben für Ihre Berufsausbildung oder ihr Studium steuerlich einzuordnen sind. Davon hängt bspw. ab,
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen Sonderausgaben (§ 10 EStG) und Werbungskosten (§ 9 EStG). Werbungskosten können in unbegrenzter Höhe geltend gemacht werden, auch wenn keine Einkünfte vorhanden sind. Sonderausgaben können hingegen nur bis maximal 6.000 Euro/Veranlagungszeitraum (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) geltend gemacht werden und auch nur dann, wenn Einkünfte im jeweiligen Veranlagungszeitraum vorhanden sind.
Ob Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Sonderausgaben oder Werbungskosten einzuordnen sind, hängt davon ab, ob es sich um eine Erstausbildung (Berufsausbildung/Studium) handelt.
Werbungskosten liegen gem. § 9 Abs. 6 EStG vor, wenn ...
Sonderausgaben liegen im Umkehrschluss vor, wenn ...
Somit ist es empfehlenswert, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn ...
Ob Studien- und Prüfungsleistungen an ausländischen Hochschulen in Deutschland anerkannt werden, regelt das BMF-Schreiben vom 22.09.2010 in Randziffer 17. Nach dieser Randziffer haben Sie die Berechtigung zur Führung des Grades nachzuweisen. Für die Gleichstellung von Studien- und Prüfungsleistungen werden die in der Datenbank „anabin“ der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz aufgeführten Bewertungsvorschläge zugrunde gelegt.
Im Weiteren zeige ich Ihnen auf, welche Ausgaben existieren und wie diese einzuordnen sind.
Sie müssen für viele Ausgaben unterscheiden, ob diese im Rahmen einer auswärtigen Tätigkeit angefallen sind oder nicht. Ist letzteres der Fall, werden diese Ausgaben auch als Reisekosten bezeichnet. Eine auswärtige Tätigkeit kann nur dann vorliegen, wenn Sie keine erste Tätigkeitsstätte haben oder die Tätigkeit außerhalb Ihrer ersten Tätigkeitsstätte stattfindet.
Zunächst ist zu bestimmen, ob Sie eine erste Tätigkeitsstätte haben und wo sich diese befindet. Davon hängt u.a. ab, ob und in welcher Höhe Sie Ausgaben geltend machen können.
Auf die Bestimmung ihrer ersten Tätigkeitsstätte wird im Rahmen dieses Beitrages nicht im Detail eingegangen. Hierzu existiert ein BMF-Schreiben vom 25.11.2020, auf das verwiesen wird. Typischerweise sind Ihre Bildungseinrichtung, die Sie außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufsuchen (§ 9 Absatz 4 Satz 8 EStG), oder eine betriebliche Einrichtung ihres Arbeitgebers erste Tätigkeitsstätten.
Die Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme ist für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte unerheblich. Eine zeitliche Mindestdauer der Bildungsmaßnahme ist nicht erforderlich. Weitere Informationen finden Sie im BMF-Schreiben vom 25.11.2020.
Fahrtkosten zwischen Ihrer Wohnung und Ihrer erster Tätigkeitsstätte können berücksichtigt werden, jedoch nur in Höhe der Entfernungspauschale. Entfernungspauschale bedeutet, dass nur der einfache Fahrtweg Berücksichtigung findet. Die Höhe sowie weitere Einzelheiten sind in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geregelt.
Andere Aufwendungen und Kosten, wie bspw. Verpflegungsmehraufwendungen, Unterkunftskosten, Mietausgaben, Familienheimfahrten u.a., lassen sich nicht ansetzen.
Lediglich Kosten und Anschaffungen, die Sie unmittelbar für berufliche Zwecke und damit für Ihre Berufsausbildung getätigt haben, können berücksichtigt werden. Hierzu finden Sie unter "Andere Ausgaben" eine Aufstellung möglicher Ausgaben. Typischerweise gehören hierzu Ausgaben für eine Aktentasche, Büromaterial, ein Laptop, ein Tablet etc. dazu.
Für eine Einordnung der Ausgaben, die im Rahmen eines Pflichtpraktikums bzw. eines Auslandssemesters entstehen, ist es notwendig zu klären, ob am Ort der Universität im Ausland bzw. am Ort des Arbeitgebers im Rahmen eines Pflichtpraktikums eine neue erste Tätigkeitsstätte begründet wird. Davon ist grundsätzlich auszugehen, so dass keine Reisekosten und damit in Zusammenhang stehende Ausgaben (Übernachtung, Miete etc.) geltend gemacht werden. Eine Ausnahme hiervon bildet lediglich das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung.
Allerdings hat der BFH in seinem Urteil vom 14.05.2020 entschieden, dass in gewissen Fällen keine neue erste Tätigkeitsstätte begründet wird, womit eine auswärtige Tätigkeit, d.h. "Reisekosten" vorliegen.
Sofern Sie Fahrten unternehmen, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie keine Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung sind, liegen beruflich veranlasste Fahrten vor. Hierbei kann, im Gegensatz zur Entfernungspauschale, jeder zurückgelegte Kilometer berücksichtigt werden. Sie können entweder die tatsächlichen Kosten ansetzen, die Ihnen entstanden sind, oder jeden Kilometer pauschal mit 0,30 Euro.
Übernachtungskosten können nur dann entstehen, wenn die beruflich veranlassten Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, stattfinden.
Verpflegungsmehraufwendungen können nur dann entstehen, wenn Sie außerhalb ihrer Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit).
Der Abzug der Verpflegungspauschalen ist auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt. Eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn d mindestens vier Wochen dauert.
Die Höhe der Verpflegungspauschale entnehmen Sie bitte der oben angegebenen Fundstelle im Einkommensteuergesetz. Sofern Sie Reisen ins Ausland tätigen, können höhere Pauschalen geltend gemacht werden. Diese finden Sie im BMF-Schreiben vom 15.11.2019 und vom 23.11.2022.
Sofern Ihnen bei Ihrer auswärtigen beruflichen Tätigkeit Reisenebenkosten entstanden sind, sind diese ebenfalls zu berücksichtigen. Dazu gehören bspw. Kosten für die Aufbewahrung von Gepäck oder Parkgebühren.
Eine doppelte Haushaltsführung kann nur dann vorliegen, wenn Sie außerhalb des Ortes Ihrer ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhalten und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnen. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.
Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens jedoch 1.000 Euro im Monat.
Pro Woche können Sie in Höhe der Entfernungspauschale eine Familienheimfahrt geltend machen. Die Höhe sowie weitere Einzelheiten sind in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG geregelt.
Auch im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung dürfen Sie Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate geltend machen.
Aufwendungen für die Ausstattung der doppelten Haushaltsführung können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der berücksichtigt werden. Sofern die Anschaffungskosten für die Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt 5.000 € einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen, kann aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt.
Die Voraussetzungen, Aufwendungen und Beschränkungen bei einem Ansatz von Aufwendungen eines Arbeitszimmers bzw. alternativ der Home-Office-Pauschale entnehmen Sie bitte meinem separaten Beitrag zum häuslichen Arbeitszimmer.
Weitere Ausgaben können sein:
Bitte beachten Sie, dass Zuschüsse oder Erstattungen ebenfalls anzugeben sind. Diese mindern entsprechend ihre Sonderausgaben/Werbungskosten.
Ich weise darauf hin, dass die in diesem Beitrag enthaltenen Informationen lediglich allgemeiner Natur sind und nicht auf die spezielle steuerliche Situation einer Einzel- oder juristischen Person zugeschnitten sind. Ich bemühe mich, stets zuverlässige und aktuelle Informationen in meinen Beiträgen zum jeweiligen Thema aufzubereiten. Dieser Beitrag erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann auch keine individuelle Beratung unter Berücksichtigung aller für den Einzelfall notwendigen Umstände ersetzen. Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Meine Kontaktdaten finden Sie untenstehend.
philipp.schoenfeld@schoenfeld.tax
+ 49 (179) 424 0335